Verlobungsbericht von Nicole

 

Als Mario mich im Herbst 2001 fragte, was wir an Silvester machen wollen, hatte ich mir noch gar keine Gedanken darüber gemacht. Erstens denkt man meistens erst im Dezember an Silvesterpartys und zweitens hatte ich zu dieser Zeit fast nur meine Weiterbildung im Kopf. Es war stressig Arbeit und Schule unter einen Hut zu bekommen und dann kamen langsam schon die Prüfungen im Januar in Sicht – und die Panik wuchs. Als Mario mich dann jedoch eher beiläufig fragte "Was hälst Du von Prag" war alles andere vergessen. PRAG – natürlich Prag!

 
     
 

Zu einer Reise in diese Stadt werde ich nie nein sagen. Unsere erste gemeinsame Reise ging nach Prag und ich habe mich sofort in diese wunderschöne und romantische Stadt verliebt. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll, aber Prag war von Anfang an "unsere Stadt". In der Hoffnung mich nicht ganz so abgehoben anzuhören, versuche ich es mal so zu erklären: Nach einer Zeit wird aus der Verliebtheit am Anfang einer Beziehung, wenn man großes Glück hat, ein stärkeres innigeres Gefühl: Liebe. In Prag ist es so, dass die Verliebtheit wiederkommt. Man weiß immer noch von ganzem Herzen und mit einer beruhigenden Sicherheit, dass man den Partner liebt, aber die verrückten herrlichen Gefühle des Verliebtseins sind auch wieder da: Herzklopfen, Kribbeln im Bauch und die Aufregung etwas Neues zu entdecken.

 


 
         
 

Kein Wunder also, dass wir nicht nur eine Reise nach Prag unternommen haben. Die nächste Reise nach Prag war eigentlich für einen Sommer geplant, aber was für ein Argument sprach dagegen vorher noch über Silvester dorthin zu fahren? Keins bis auf die anstehenden Prüfungen und das Gefühl zu wenig gelernt zu haben. Also musste es eine sehr kurze Reise werden, denn niemand nimmt Schulbücher mit nach Prag.

 
     
 

Wir entschieden uns dazu vom 29.12.2001 bis 01.01.2002 nach Prag zu fahren. Aber fahren? Die Autofahrt hätte uns zwei unserer kostbaren vier Tage gekostet, daher entschieden wir uns zu fliegen. Das brachte ein neues Problem mit sich: wir konnten nicht in unsere kleine Pension, denn die war etwas außerhalb des Stadtkerns und nur mit dem Auto gut zu erreichen. Wir gingen also in unser Reisebüro und buchten einen Flug und ein Hotel im Stadtkern von Prag für uns. Wir waren so voller Vorfreude, dass uns Herr Kaletta aus dem Reisebüro fragte, ob es unsere Hochzeitsreise wäre. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass er damit ein ganz kleines bisschen Recht haben sollte.
 

 
 

 

Die Tage in Prag waren perfekt! Wir hatten ein sehr schönes Zimmer in einem tollen Hotel. Das war ein echter Glücksgriff, denn aus den Prospekten im Reisebüro haben wir nicht sehr viele Informationen über das Hotel bekommen. Es gab jeden Morgen ein tolles Frühstücksbuffet, so dass wir gestärkt durch Prag laufen konnten um altes sowie neues (wieder-) zu entdecken. Es war sehr kalt und schneite oft. Unter dieser weißen Schneedecke wirkte Prag noch romantischer als sonst. An einigen Stellen war es sehr glatt (besonders oben auf der Burg), so dass ein paar Leute stürzten und beinahe wäre mir im Gedränge vor der Astronomischen Uhr mein Portemonnaie geklaut worden, aber da wir Glückskinder sind, ist uns nichts passiert und wir konnten Prag ohne Einschränkung genießen.

 
         
 

Am "Hradschin-Ende" der Karlsbrücke gibt es einen kleinen Platz, der wie aus einem vorherigen Jahrhundert wirkt – sehr romantisch. Dort gibt es eine kleine Kneipe, die wir schon öfter besucht hatten. Sie ist vielleicht nicht wirklich etwas besonderes, aber gemütlich, warm und es gibt dort leckeres tschechisches Essen. Dort wollten wir Silvester feiern und haben ein tolles Silvestermenü mit vielen Gängen genossen. Den Neujahrsanfang und damit gleichzeitig unseren 4. Jahrestag wollten wir natürlich auf den Straßen mit Feuerwerk feiern. Die Stufen zur Burg waren so vereist, dass wir nicht sicher dorthin gekommen wären und die Karlsbrücke war eindeutig zu voll. Daher gingen wir nur ein paar Schritte weiter in einen kleinen Park am Moldauufer. Von hier aus konnten wir das ganze Feuerwerk bewundern. Wir haben auf das neue Jahr und uns angestoßen und unsere Wunderkerzen angezündet. Es war ein sehr romantischer Ausklang des alten Jahres und ein wunderschöner Anfang des neuen Jahres, welches schon bald eine riesige Überraschung für mich bringen sollte. Ich ahnte allerdings noch überhaupt nichts.

 

 
         
 

Daher konnte ich auch nicht verstehen, dass Mario nach dem Feuerwerk noch in dem Park bleiben wollte "bis die anderen Leute gegangen sind". Mir war inzwischen trotz mehrerer Lagen Klamotten ziemlich kalt und ich wünschte mir etwas Warmes in der kleinen Kneipe zu trinken. Also verschob ich Marios Pläne unwissentlich noch etwas. Als ich nach dem warmen Tee noch anfangen wollte Neujahrswünsche per SMS an meine Freunde zu schreiben, drängte Mario dann aber doch zum Aufbruch. Komischerweise wollte er aber nicht den direkten Weg zum Hotel nehmen sondern unbedingt noch mal in den Park zurück. Irgendwie wirkte er auch aufgeregt. Und ich? Ich, die oft schon die Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke im Voraus errät, - ich hatte weiter nicht die leiseste Ahnung, was gleich passieren würde.

 
     
 

Das etwas aufregendes passieren würde, merkte ich Mario aber doch an. Daher war ich fest davon überzeugt, dass er es irgendwie geschafft hatte doch eine Rose im Park für mich zu verstecken. (Wir hatten vorher abgesprochen uns zu diesem Jahrestag keine Rosen zu schenken, da wir noch am gleichen Abend wieder mit dem Flugzeug nach Hause mussten).

 
     
 

Mario und ich haben schon lange das Gefühl, dass wir zusammengehören und auch zusammen bleiben wollen, daher hatten wir auch schon über eine Hochzeit gesprochen. Es waren aber immer Gespräche über unsere Ansichten und Vorstellungen, es ging nie konkret um unsere Hochzeit und eine echte Planung. Da Mario noch studiert hatte ich eine unterbewusste Zeitplanung, die mir sagte, dass wir nach seinem Studium mal konkretere Pläne über unser Zusammenleben machen werden. Es ist nicht so, dass ich ihn nicht während seines Studiums heiraten wollte, ich hatte mir nur einfach noch keine realen Gedanken darüber gemacht.

 
       
 

 

Bis zu dem Zeitpunkt als Mario in dem kleinen Park in Prag vor mir in den Schnee auf die Knie ging und mich genau dies fragte. Mein Herz schlug plötzlich so schnell, dass ich heute nicht mehr Wort für Wort sagen kann, was genau mir Mario alles gesagt hat. Trotzdem weiß ich, dass es die schönsten Worte waren, die ich in meinem Leben hören werde. Ich habe noch "Ja, natürlich will ich" sagen können und dann konnte ich eine ganze Zeit lang nichts mehr sagen. Mario hat mich dann erstmal in den Arm genommen, bis ich ein bisschen aufgehört hatte zu zittern. Dann sagte er: "Ich habe doch noch etwas für Dich". Erst jetzt bemerkte ich, dass er eine eingepackte Ringschatulle in der Hand hielt. Auch noch Ringe! Es war einfach alles so wunderbar. Mein Ring hatte sogar einen kleinen Stein, wie ich es mir immer vorgestellt hatte (und wie Mario es eigentlich immer "doof" fand – dachte ich).  

 
         
 

Nachdem wir uns die Ringe angesteckt hatten, riefen wir über Handy unsere Eltern an. Erstaunt hörte ich, dass Mario bei meinen Eltern tatsächlich vorher um meine Hand angehalten hatte. Das war auch ziemlich gut so, denn sonst hätten meine Eltern bestimmt gedacht es wäre etwas schlimmes passiert, als ich anrief. Ich wollte es meinen Eltern unbedingt selbst sagen, brachte aber so gut wie nichts heraus, weil ich vor Glück nicht mehr aufhören konnte zu weinen.

 
     
 

Auf dem Rückweg zum Hotel klammerte ich mich fest an Mario, da ich alleine vermutlich gar nicht mehr zum Hotel zurück gekommen wäre. Irgendwie konnte ich alles um mich herum außer Mario nicht mehr wahrnehmen. Bis zum Hotel habe ich meinen linken Handschuh nicht mehr angezogen, um meinen Ring zu bewundern. Der Ring ist nicht nur wunderschön, sondern auch der Beweis dafür, dass ich das alles nicht nur geträumt habe.

 
     
 

Im Hotel angekommen habe ich dann doch noch die rote Rose von Mario bekommen, die ich im Park vermutet hatte. Mario hatte sie heimlich besorgt und in seinem Koffer versteckt.

 
     
 

Nachdem ich mich ein bisschen beruhigt hatte, schrieb ich dann doch noch die Neujahrs-SMS an unsere Freunde, allerdings mit etwas abgeändertem Text, da es ja einige Neuigkeiten zu erzählen gab. Das war eine riesige Überraschung für alle, wurde aber wie wir den SMS-Antworten entnehmen konnten, überall freudig aufgenommen.

 
     
 

So hat Mario alles erlebt...